Führung ohne Führungskompetenz
Aktualisiert: 2. Aug. 2019
Die guten alten Zeiten ...
Wenn ich an die Zeit meines Angestelltendaseins zurückdenke, muss ich feststellen, dass es da noch Führungskräfte gab, die ihre Aufgabe im Führen von Mitarbeitern gesehen und gelebt haben.
Dazu fallen mir spontan folgende Attribute ein:
Verantwortungsgefühl
Zuneigung
Persönliche Bindung
Wahrnehmung
Motivation
Angemessenes Lob und Kritik
Die Ressourcen des Individuums
Ehrlichkeit
Verbindlichkeit und Verlässlichkeit
Gerechtigkeit
Nach allem, was ich in verschiedensten Unternehmen und Institutionen erlebt habe, wenn ich mit den Menschen gearbeitet habe, die an der "Front" stehen, also die, die tatsächlich das Geld für die Unternehmen verdienen, hat sich folgendes Bild in mir entwickelt. Also das Bild, wie Führungskräfte heute nach außen wirken. Bei ihren Mitarbeitern. Durch ihr Verhalten. Durch ihre Worte.
Die austauschbare Ressource Mitarbeiter
Nur Erfüllungsgehilfen, ohne besonderen Wert
Das Gefühl der Bedeutungslosigkeit geben
Keine Wahrnehmung für individuelle Befindlichkeiten
Keine Wahrnehmung für die individuelle oder Team-Leistung
Kein Lob und wenn nicht ehrlich gemeint, sondern als Pflicht abgearbeitet
Keine Wertschätzung zur Person
Keine persönliche Bindung
Keine Unterstützung geben
Keine Verlässlichkeit
Kein Vertrauensverhältnis
Misstrauen durch Bevorzugung
Keine Motivation
Nur Zahlen und Statistiken spielen eine Rolle, egal, wie diese zustande kommen
Wenn nur die Hälfte von dem Stimmt, was die Mitarbeiteter da von sich geben, dann sind es sehr merkwürdige Verhältnisse. Mit so wenig Wertschätzung, mit so wenig Motivation, mit so wenig Wahrnehmung können Ziele doch nur auf Krampf erreicht werden.
Wie gut Führungskräfte sind, lässt sich oft daran messen, wie die Krankenstände im Unternehmen sind und daran, wie groß die Fluktuation der Mitarbeiter ist.
Gallup, eines der führenden Markt- und Meinungsforschungsinstitute, führ jedes Jahr eine Befragung in Unternehmen durch, um die emotionale Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen festzustellen, das ist der sogenannte "Engagement Index Deutschland".
Demnach haben hält sich seit 2001 (da hat Gallup mit den Studie begonnen) hartnäckig und sehr konstant der Anteil der Mitarbeiter, die sich sehr mit ihrer Firma verbunden fühlen, bei rund 15%. Aber ebenso konstant sind die Zahlen der Mitarbeiter mit geringer Bindung (zwischen 60% und 70%) und denen ohne Bindung (zwischen 16% und 24%).
Nicht berücksichtigt wurden hier die Mitarbeiter, die wegen mangelnder Bindung das Unternehmen verlassen haben. Und das sind in der Regel nicht die schlechtesten. Geringe Bindung erhöht die Wechselbereitschaft!
Rund 45 Prozent der Arbeitnehmer, haben schon einmal aufgrund von mangelnder Wertschätzung durch ihre Vorgesetzten gekündigt. Das sind Ergebnisse einer Umfrage, die durch die "Vergütungsberatung Compensation Partner" mit "Gehalt.de" durchgeführt hat.
Was bedeutet das? Für mich, dass die deutschen Unternehmen drei Mitarbeitertypen produzieren, die sie gar nicht gebrauchen können. Ob sie es wahrhaben wollen oder nicht, wir Menschen reagieren auf Gefahr immer noch mit unseren drei Urverhalten, also mit unserem Reptiliengehirn, die in den tiefen unseres limbischen Systems eingepflanzt sind. Der Säbelzahntiger ist nun nicht mehr zu befürchten. Also wirken diese Verhalten bei scheinbar völlig unsinnigen "Gefahren". Denn Gefahr ist für unser Gehirn erst einmal alles, was ungewohnt ist und was in uns ein Unwohlsein erzeugt. Das eine schließt das andere dabei nicht aus.
1. Flucht
Das sind die Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen, weil es nicht mehr zu ertragen ist oder weil es nicht schwer ist ein anderes Unternehmen zu finden, in denen die Bedingungen etwas besser sind. Mit Bedingungen sind dann meist die Führungskräfte. Denn Arbeitnehmer verlassen eher ihre Vorgesetzten, als das Unternehmen an sich.
2. Starre
Das sind die Mitarbeiter, die Dienst nach Vorschrift machen. Das sind die, die eine Freizeit orientierte Schonhaltung einnehmen, weil sie keinen Sinn mehr darin sehen, was sie tun. Ihnen ist meist egal was passiert, sie sind emotional ungebunden. Sie verschwenden keine für sie unnötigen Gedanken an die Arbeit. Nine to five ...
3. Kampf
Diese Spezies ist wohl die unangenehmste, denn diese Menschen nörgeln den ganzen Tag, sind grundsätzlich gegen alles und machen schlechte Stimmung im Team und Unternehmen.
Wen diese Typen von Menschen im Unternehmen produziert werden, bedeutet es für mich, dass da noch gewaltiges Potenzial nach oben ist.
Warum wollen Unternehmen an der Stellschraube Führungskraft/Führungsverhalten aber nichts ändern?
Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht wirklich. Denn wenn Unternehmer und Führungskräfte ein echtes Unternehmensziel im Sinn hätten, würden sie alles dafür tun, Mitarbeiter zu haben, die emotional an das Unternehmen gebunden sind, Mitarbeiter, die sich ein Bein ausreißen würden, um mitzuhelfen, Unternehmensziele zu erreichen.
Fast immer, wenn ich Personalverantwortliche auf die Situation in ihrem Unternehmen hinweise und Lösungen anbiete, bekomme ich eine Abfuhr. Fast immer mit der Begründung, dass es nicht möglich sei, die Führungskräfte für so ein Thema zu begeistern. Was sagt so eine Aussage über ein Unternehmen aus?
In vielen Unternehmen wird immer mehr eingespart. Die Einsparungsmaßnahmen betreffen häufig auch so Bereiche wie Büromaterialien, Kaffee und Kekse bei Besprechungen, Budgets für Fortbildungen, Spesen, Arbeitsplatzgestaltung und andere Dinge, die die Bindung zum Unternehmen stärken könnten. Ja ... Kleinigkeiten, aber welche mit Wirkung. Diese sehen Zahlenmenschen natürlich nicht.
Auf der anderen Seite stehen dann die unnötigen Ausgaben, die ein Unternehmen tätigt ... und damit meine ich nicht die Managergehälter. Ich meine die unnötigen Kosten, die durch das Management, durch das mangelhafte Verhalten der Führungskräfte entstehen. Diese sind die wahre Stellschraube, die, so wie sie jetzt eingestellt ist, der deutschen Wirtschaft bis zu 105 Milliarden Euro im Jahr kostet. Das wollen Unternehmen aber nicht wahrhaben, also die obersten Verantwortlichen. Denn das würde bedeuten, dass sie sich selbst ändern müssten. Und natürlich auch alle anderen Führungsebenen. Und das geht natürlich nicht, da soll alles so bleiben wie es ist, aber die Geschäftsergebnisse sollen sich verbessern.
Da möchte ich mal etwas zitieren. Es wird zwar Herrn Albert Einstein untergeschoben, scheint aber tatsächlich von Frau Rita Mae Brown geäußert worden zu sein:
"Wahnsinn ist, wenn man immer wieder das Gleiche tut, aber andere Resultate erwartet."
Der Schlüssel zum Glück liegt also darin die Führungskultur zu modifizieren. So etwas scheint schier unmöglich in der heutigen Zeit. Denn die ist viel zu schnelllebig, auch in den Führungspositionen herrscht oft eine Fluktuation, die gar keinen Wachstum in Qualität zulässt. Gezielter, kontinuierlicher Aufbau und pflegen einer Kultur ist so natürlich kaum möglich.
In meiner Laufbahn als Coach und Trainer habe ich so ein Projekt bisher nur in zwei großen schweizer Unternehmen erlebt und meinen bescheidenen Anteil daran gehabt. Da wurde in einem mehrjährigen Projekt tatsächlich die Unternehmens- und damit natürlich auch die Führungskultur angegangen. Begonnen eben mit sämtlichen Führungskräften. Nur so kann es funktionieren. In der Schweiz scheint immer noch einiges möglich zu sein ...
Also sollte sich hier ein Unternehmen angesprochen fühlen, an der Stellschraube Führungskräfte zu drehen ... ich bin bereit dabei mitzuhelfen und biete gern Lösungen an.
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