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Thorsten Siem

Wasser

Aktualisiert: 28. Aug. 2018


Wasser

Seit einiger Zeit interessiere ich mich für unsere Wasserqualität. Beim Recherchieren ist immer wieder interessant, wie sich die eigene Meinung bewegt, wenn man es zulässt.


Ich werde hier nun in unregelmäßigen Abständen schreiben, was ich so herausgefunden habe.


Hier kommt erst einmal ein Bericht des Bundes. Es ist erschreckend, was die toxischen Abwässer so anrichten. Auch die, die vorher durch die städtischen Kläranlagen gereinigt wurden.


https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/fluesse/fluesse_hormonaktive_substanzen_hintergrund.pdf


Auszüge aus diesem Bericht:

Die industrielle Entwicklung der letzten 150 Jahre hat unter anderem zur Folge, dass wir alle von hergestellten Chemikalien umgeben sind. Es gibt über 1.000.000 synthetische Stoffe; jährlich kommen über 1.000 neue Verbindungen hinzu. Lange Zeit war man allerdings der Auffassung, dass sich nur hohe Konzentrationen (hier: tausendstel bzw. millionstel Gramm pro Liter) negativ auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirken.


Nachdem mehr und mehr krebserregende, gen- und keim- bahnverändernde Wirkungen einzelner Chemikalien nachgewiesen wurden, sind in den letzten Jahrzehnten in vielen Ländern einzelne organische Chlor-Verbindungen verboten oder stark eingeschränkt worden.


Seit etwa zehn Jahren sind – ausgehend von den USA – Beweise zusammengetragen worden, welche den Schluss zulassen, dass schwerwiegende langfristige Effekte auf das Hormonsystem von Tier und Mensch auch bei sehr viel kleineren Konzentrationen (hier: milliardstel bzw. billionstel Gramm pro Liter) zu befürchten sind. Die möglichen Krankheitsbilder reichen dabei von Fruchtbarkeitsstörungen über Veränderungen der Lernfähigkeit bis zu Verhaltensänderungen.


Ein großes öffentliches Interesse haben in letzter Zeit sogenannte endokrin wirksame Stoffe gefunden, die das System der Geschlechtshormone stören können

oder bei denen eine solche Wirkung vermutet wird. Aufmerksamkeit haben zunächst Veränderungen der Geschlechter-Zusammensetzung und Fruchtbarkeitsstörungen in wild lebenden Tier-Beständen sowie die Vermännlichung weiblicher und die Verweiblichung männlicher Tiere bei Schnecken-, Fisch- und Reptilien-Populationen erregt. So gibt es z. B. Versuchsergebnisse aus Großbritannien, wonach männliche Forellen im Abflussbereich von Kläranlagen Vorstufen von Eidotter-Protei-nen produzieren. Dies kommt in einem unbeeinflussten Fließgewässer nur bei weiblichen Fischen vor.


Auf den Organismus wirkt eine Vielzahl von körpereigenen Hormonen und synthetischen endokrin wirksamen Substanzen gleichzeitig ein. Welche komplexen Effekte dadurch insgesamt hervorgerufen werden, lässt sich aus den Wirkungsbetrachtungen der einzelnen Verbindungen nicht vorhersagen. Es gibt Untersuchungsergebnisse, die auf additive und synergistische Wirkungen hinweisen, d. h. die Wirkung der Gesamtheit der Substanzen ist deutlich größer als die Summe der Wirkungen der beteiligten einzelnen Stoffe. Obwohl nach Stoffen mit endokriner Wirkung noch nicht intensiv gesucht worden ist, sind bisher über 200 identifiziert worden. Wahrscheinlich wird sich die Anzahl erhöhen.


Bei weltweit etwa 120 Arten von Meeres- und Süßwasser- Schnecken lassen sich in Abhängigkeit von der Belastung mit Tributylzinn-Verbindungen (TBT) Vermännlichungserscheinungen bei weiblichen Tieren beobachten. Entwe- der wächst bei diesen getrenntgeschlechtlichen Arten zusätzlich zum weiblichen Geschlechtsorgan ein Penis oder der ursprüngliche Eileiter wird im Laufe der Entwicklung durch das männliche Organ ersetzt. Durch die Einwirkung des TBT vermindert sich nicht nur die Fruchtbarkeit der Weibchen bis zur Sterilität; auch die Männchen werden durch Penis-Missbildungen unfruchtbar.


Wirkungen von Industriechemikalien

In Großbritannien wurde 1994 nachgewiesen, dass junge männliche Regenbogen-Forellen, die in Flüssen unterhalb von Kläranlagen gehalten wurden, Vitellogenin bildeten. Dies ist der Vorläufer eines Dotter-Proteins, das natürlicherweise nur in Weibchen vorkommt. Gleichzeitig wurde ein verlangsamtes Hoden-Wachstum festgestellt. In Flüssen mit guter Wasser-Qualität nahm der Effekt wenige hundert Meter unterhalb der Kläranlage ab; in stark belasteten Flüssen hielt die Wirkung über mehrere Kilometer an. Die Vitellogenin-Produktion war am deutlichsten im Fluss Aire (bei Leeds), in den stark mit Alkylphenolen belastetes Abwasser aus der Textil-Industrie eingeleitet worden war (Harries et al. 1997).


Bei männlichen Rotaugen wurde in Großbritannien weibliches Ovar-Gewebe in den Geschlechtsorganen festgestellt, ebenso eine erhöhte Vitellogenin-Konzentration im Blut. Bei Vergleichen von Fischen aus Fluss-Strecken oder/ und unterhalb von Kläranlagen-Abläufen zeigte sich eine stärkere Ausprägung der Wirkungen bei größeren Anlagen und einem kleinen Verdünnungsverhältnis des gereinigten Abwassers im Fließgewässer.


In Flüssen unterhalb von Abwasser-Einleitungen kanadischer Zellulose-Fabriken zeigten Fische veränderte Geschlechtsentwicklungen. Es wurde sowohl eine verlangsamte Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane und eine verminderte Entwicklung sekundärer Geschlechtsmerkmale als auch eine Vermännlichung weiblicher Fische festgestellt.


In der Elbe zeigen männliche Brassen erhöhte Vitellogenin-Konzentrationen (Umweltbundesamt 1999, S. 77); die Mittelwerte bei männlichen Brassen aus dem Niederrhein liegen etwa viermal höher als bei Tieren aus der Wahnbach-Talsperre (Nordrhein-Westfalen; Lehmann et al. 2000).


Bei den in Deutschland typischerweise in Kläranlagen- Abläufen vorkommenden Nonylphenol-Konzentrationen von bis zu 15 μg/l und gleichzeitig vorhandenen anderen und ebenfalls östrogen wirkenden Alkylphenolen und Alkylphenol-Polyethoxylaten sind Einwirkungen auf das endokrine System bei Fischen allein durch diese Substanzgruppe sehr wahrscheinlich. Bei Konzentrationen im Milligramm-Bereich sind Verweiblichungserscheinungen zu erwarten, wie es in Berliner Gewässern bereits beobachtet wird. Dort beträgt bei zahlreichen Arten mittlerweile der Anteil an weiblichen Fischen rund 70 %. Neuerdings werden Missbildungen bei Flussbarschen im hessischen Rhein-Abschnitt beobachtet, die auf Tributylzinn zurückgeführt werden.

Die an der kalifornischen Pazifik-Küste beobachtete Verweiblichung von Möwen-Populationen wurde mit der DDT- und DDE-Belastung in Verbindung gebracht. In Labor-Untersuchungen konnte die verweiblichende Wirkung des DDT in männlichen Embryonen nachgewiesen werden. Veränderungen in den Hoden, verbunden mit der Entwicklung von Eierstock-Gewebe und Eileitern in männlichen Tieren, verhinderten normales Brutverhalten (Fry/Toone 1981). Das verschobene Geschlechter-Verhältnis zu ungunsten der Männchen wurde als Ursache für vermehrte Paarungen zwischen Weibchen identifiziert. In Gelegen dieser Paare wurden zwar mehr Eier als normal gefunden; deren Fruchtbarkeit war allerdings stark reduziert.


Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass auch die Entwicklung des Gehirns durch Geschlechtshormone beeinflusst wird. Psychologische Untersuchungen von Kindern, die während ihrer frühen Entwicklung abnormen Hormon-Einwirkungen (z. B. durch Diethylstilböstrol) unterworfen waren, bestätigen diese These (Schlumpf/Lichtenberger 1996).


Der Gehalt an natürlichem Östradiol liegt im Blut von Mädchen bei 0,6 ng/l, während bei Jungen 0,08 ng/l nachweisbar waren. Dieser Unterschied von einer Größenordnung lässt vermuten, dass Östradiol auch im kindlichen Organismus eine Funktion bei der Kontrolle der Entwicklung hat. Daraus lässt sich auch ableiten, dass Ethinylöstradiol-Konzentrationen im Nanogramm-Bereich im Trinkwasser ein Risiko darstellen (Stahlschmidt-Allner et al. 1996).


Ein positiver Effekt wird Phytoöstrogenen zugeschrieben, die u.a. in Produkten aus Soja-Bohnen reichlich enthalten sind. In verschiedenen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Soja-Produkten und niedriger Brustkrebs-Häufigkeit nachgewiesen werden (u. a. Adlercreutz 2000). Die Brustkrebs-Häufigkeit liegt in asiatischen Ländern fünf- bis achtmal niedriger als in westlichen Ländern. Bei asiatischen Einwanderinnen gleicht sich die Brustkrebs-Häufigkeit der einheimischen Bevölkerung an.


Die Störwirkung von PCB auf Schilddrüsen-Hormone kann Fehlschaltungen in bestimmten Stadien der Hirn-Reifung auch bei der heutigen Hintergrund-Belastung in Deutschland zur Folge haben. Diese Erkenntnis wurde bei neurophysiologischen Tests an mehr als 100 Düsseldorfer Kleinkindern bestätigt. Kinder, die mit der Muttermilch mehr PCB aufgenommen hatten, waren geistig nicht so rege wie die weniger belasteten (Ahrens 2001).


An Kulturen menschlicher Eierstock-Zellen konnte eine andere PCB-Wirkung nachgewiesen werden: sie verminderte die Synthese des weiblichen Geschlechtshormons Östradiol dosisabhängig (Van der Ven et al. 1990).

Chlorierte Kohlenwasserstoffe mit östrogenen und antiöstrogenen Wirkungen sowie ihre Abbau-Produkte lassen Wirkungen auf die Fortpflanzung des Menschen bei Konzentrationen erwarten, die keine allgemeinen Giftwirkungen zeigen. Darauf weisen Untersuchungen an Tieren und menschlichen Zellkulturen hin (Gerhard et al. 1996).


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